Afghanistan befindet sich seit August 2021 in den Fängen der politisch-islamischen Taliban. Die faschistischen Banditen haben nach dem Abzug der NATO in Windeseile die Macht im beinah gesamten Land an sich gerissen. Besonders die afghanischen Frauen befinden sich unter der reaktionären Herrschaft der Taliban in einer lebensbedrohlichen Situation. Was als düstere Vorstellungen im Sommer in der fernen Zukunft lag, ist nun bittere Realität geworden: Frauen werden nicht mehr in Fernsehsendungen gezeigt, sie dürfen nicht mehr ohne männliche Begleitung reisen und werden zu Verschleierung, selbst im Auto, gezwungen. Es ist mehr als eindeutig, dass die Lesart der Taliban des Islams eine zutiefst menschenverachtende Ideologie ist, die keinen Halt vor massiver Frauenfeindlichkeit macht. Für Taliban sind Frauen sprechende Nutztiere, die aller Rechte beraubt einzig und allein dem Wohl der Männer zu dienen haben.
Doch wie bei allen anderen Kämpfen weltweit, in denen Frauen an vorderster Reihe stehen und für ihre Rechte kämpfen, lassen sich die afghanischen Frauen mitnichten den Mund verbieten: Unter dem Einsatz ihres Lebens holen sie sich die Straßen ihres Landes zurück. Das Demonstrationsverbot der Taliban konnte die Frauen nicht daran hindern, teils tagelang gegen die patriarchale Unterdrückung zu protestieren. Kabul, Kandahar, Pandschir: Trotz des Versuchs, die Berichterstattung über die Proteste einzustellen, ist der Widerstand im gesamten Land, der vor allem von Frauen getragen wird, nicht zu leugnen.
Was die afghanischen Frauen nun brauchen, ist eine reale Perspektive. Sie brauchen eine Strategie, wie sie selbst über ihr Leben bestimmen können. Echte Demokratie, Freiheit und die Gewährleistung ihrer Menschenrechte können, entgegen der bürgerlichen Darstellung, die NATO und die westlichen Staaten nicht bieten. Wenn man sich anschaut, worin die Ursachen der Misere der afghanischen Bevölkerung liegen, wird schnell klar, dass die imperialistischen Mächte nicht Teil der Lösung sein können.
Im Gegenteil: Unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung brach 2001 eine völkerrechtswidrige Invasion unter amerikanischer Führung über Afghanistan herein. Die Invasoren feierten sich als Befreier und Heilsbringer, dabei ging es immer nur um die Sicherung ihrer wirtschaftlichen und außenpolitischen Interessen.
Nach 20 Jahren Bürgerkrieg und unzähligen zivilen Opfern verschwanden die Besatzer blitzartig und überließen das afghanische Volk schutzlos seinem schrecklichen Schicksal. Die bestens bewaffneten Taliban-Milizen nahmen den Staat ein, dessen Regierung jahrelang durch westlichen Imperialismus geleitet wurde. Heute herrschen sie über größere Gebiete als vor der Invasion. Und noch immer, trotz der sich immer weiter verschärfenden Schreckensherrschaft der Taliban, wird die Aufnahme der afghanischen Bevölkerung durch die reichen, kapitalistischen Kernländer nicht angemessen zugesichert.
In Anbetracht dieser historischen Absurdität ist es bizarr, von denjenigen Hilfe für Afghanistan und insbesondere für die Frauen des Landes einzufordern, die selbst für all das Leid verantwortlich sind.
Die Lösung liegt in unserer Selbstorganisierung
Auf Unterstützung durch die imperialistischen Mächte, die selbst die größten Nutznießer des Patriarchats sind, können sich die afghanischen Frauen also nicht verlassen. Worauf sie sich jedoch verlassen können, ist die Unterstützung von Millionen von Frauen, die tagtäglich dasselbe Schicksal teilen.
Der Weg aus der patriarchalen Herrschaft der Taliban bietet der Weg, den die Frauen vor neun Jahren in Rojava gegangen sind: Als das Pendant zur Taliban, nämlich der IS (Islamischer Staat), seine Schreckensherrschaft im mittleren Osten mit türkischer Unterstützung immer mehr ausweitete, nahmen die Frauen den Kampf gegen den schärfsten Ausdruck des Patriarchats selbst in die Hand. Sie organisierten sich und konnten sich letztlich erfolgreich gegen den IS durchsetzen. Die Rojava Revolution ist eine Frauenrevolution, an der wir sehen, was wir erreichen können, wenn wir uns als Frauen selbst organisieren und gegen unsere Unterdrücker kämpfen. Genau dies ist der Weg, den die afghanischen Frauen und die Frauen im gesamten Nahen Osten einschlagen werden.
Unsere Aufgabe als Internationalist:innen
Es liegt auch an uns, die gemeinsame Perspektive der kurdischen und afghanischen Frauen aufzuzeigen und ihnen die Unterstützung zu bieten, welche sie dringend benötigen. Wir, die in einem kapitalistischen Land wie Deutschland beheimatet sind, stehen in einer besonderen Verantwortung, die internationale Solidarität auf unsere Fahnen zu schreiben. Die Verwirklichung dieser ist dabei nichts Abstraktes und erfordert viel mehr als nur das Kundtun von Parolen. Sie erfordert den aktiven Kampf gegen den Imperialismus, insbesondere gegen den deutschen. Wir müssen seine Entwicklungen ständig beobachten, analysieren und seine Verbrechen entlarven. Es muss uns gelingen, all die Kriegsverbrechen während des Afghanistankriegs aufzuzeigen, die jetzigen angestrebten Verhandlungen mit der faschistischen Taliban zu verurteilen sowie die menschenverachtende Anti-Asylpolitik anzuprangern und für ein echtes Recht auf Asyl kämpfen.
Nur so, durch die Überwindung bürgerlicher Grenzen und dem konsequenten Kampf gegen den Imperialismus mit all seinen Auswüchsen, eben durch die Verwirklichung internationaler Solidarität, wird die Frauenrevolution so, wie sie in Rojava erfolgreich war, auch in Afghanistan erfolgreich sein.
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