Ende Juni kommen die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten zu ihrem jährlichen Gipfel auf Schloss Elmau zusammen, um im kleinen Kreis der reichsten und mächtigsten westlichen Industriestaaten über die Belange der Welt zu entscheiden. Hinter seiner Fassade von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit steht der G7-Gipfel im Zeichen der Erweiterung von Macht und Einfluss der G7 und der Erschließung weiterer Märkte für ihre Konzerne. Auch in diesem Jahr heißt es deshalb, den G7 keine Ruhe zu lassen und gegen ihre ausbeuterische Politik auf die Straße zu gehen.
G7 – Club der Reichen und Mächtigen
G7 ist die Abkürzung für „Gruppe der Sieben“. So nennt sich der informelle Zusammenschluss der Staaten USA, Kanada, Japan, Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland. Die Europäische Union hat zudem einen Beobachterstatus, darf also bei den Treffen dabei sein, aber nicht mitentscheiden. Gegründet wurde diese Gruppe der reichen und mächtigen Industriestaaten im Jahr 1975. Von 1998 bis 2014 war zusätzlich Russland mit dabei (man sprach während dieser Zeit von G8), allerdings wurde Russland nach der Annexion der Krim von dem Treffen ausgeschlossen.
Jedes Jahr treffen sich die Staats- und Regierungschefs dieser Staaten, um ihre Politik aufeinander abzustimmen. Dazwischen gibt es zahlreiche Treffen der Fachminister:innen der G7-Staatenund informelle Gespräche. Zu Beginn der G7 wurden vor allem Finanz- und Währungsfragen besprochen, heute stehen von Themen der Gesundheits- und Bildungspolitik bis hin zur internationalen Strafverfolgung und Terrorismus alle relevanten Politikbereiche auf der Tagesordnung. Dominiert wird die Runde der G7 aber von Fragen der Wirtschaft. Das Wirtschaftswachstum anzukurbeln war seit jeher Ziel der G7-Staaten und ihrer Gipfel und wie man es auch aus der nationalen Politik kennt, werden diesem Ziel alle anderen Gesellschaftsbereiche untergeordnet. Faktisch bedeutet das, mehr Umsatz und mehr Profit auf Kosten von Mensch und Umwelt zu erwirtschaften.
Die Entscheidungen, die auf G7 Gipfeln getroffen werden, haben Folgen weit über die am Entscheidungstisch sitzenden Staaten hinaus. So diskutieren die G7 beispielsweise ihre Kriegseinsätze oder ihre „Hilfs“gelder an ärmere Länder und die Bedingungen, an die sie geknüpft sind, ohne dass die betroffenen Staaten und Menschen ein Mitspracherecht hätten. Auch dass sich die G7 Staaten seit Jahrzehnten weigern, wirksamen Klimaschutz zu betreiben, bekommen vor allem die zu spüren, die niemals einen Fuß in den Verhandlungsraum setzen werden können. Doch auch die Bevölkerung der G7-Staaten wird auf diesen Gipfeln nicht repräsentiert, denn als kapitalistische Staaten haben die G7 weniger das Wohl der werktätigen Bevölkerung, der Frauen oder der Jugend im Blick als die Kassenbücher der eigenen Konzerne. Das sehen wir daran, in welch schreiendem Widerspruch die Selbstdarstellung der G7 zur Realität der eigenen Politik steht.
Auch sonst fehlt dem Gipfel jegliche demokratische Legitimation. Die Entscheidungen der G7-Staaten sind nicht zurückgebunden an irgendeine Form der demokratischen Kontrolle oder breiten gesellschaftlichen Diskussion. Nicht selten werden Verhandlungen im Geheimen geführt und nur ausgewählte Häppchen an die Presse weitergegeben. In den letzten Jahren zieht sich der Gipfel außerdem immer weiter in Schlösser oder kaum zu erreichende Kleinstädte zurück, um möglichst ungestört von Protest und der Lebensrealität der werktätigen Bevölkerung tagen zu können.
Wir müssen die G7 und ihren Gipfel deshalb als das benennen, was sie sind: Ein Treffen der Reichen und Mächtigen, die sich die Welt untereinander aufteilen. Es geht ihnen nicht darum, wie die Krisen unserer Zeit – sei es nun das Klima, Corona oder die Inflation – aufgehalten werden können, sondern wie daraus Profit geschlagen werden kann.
Hinter der Fassade von G7
Nach außen gibt sich G7 stets als Garant für Nachhaltigkeit, Wohlstand und eine gerechte Welt. Deutschland, das dieses Jahr die G7-Präsidentschaft innehat und deshalb die Tagesordnung bestimmen darf, hat sich kein bescheideneres Ziel gesetzt als „Fortschritt für eine gerechtere Welt“. Auf der Tagesordnung stehen Punkte wie „nachhaltiger Planet“, „gesundes Leben“ oder „Investitionen in eine bessere Zukunft“. Zwischen diesen Worthülsen und der Realpolitik der G7-Staaten klafft eine so unüberwindbar große Lücke, dass man ihre Ankündigungen als nichts anders bezeichnen kann als dreiste Lügen, um das eigene Image aufzubessern. Was sich hinter diesen Lügen verbirgt ist die Realität der kapitalistischen Ausbeutung von Mensch und Natur: Es sind die G7 Staaten und ihre Konzerne, die zu den größten Verursachern der Klimakrise gehören, und auch noch an ihr verdienen. Es sind die G7 Staaten und ihre Konzerne, die ihre ehemaligen Kolonien weiterhin in wirtschaftlicher Abhängigkeit halten und dank Armut und Umweltzerstörung dort riesige Profite machen. Und es sind auch die G7-Staaten und ihre Konzerne, die mit militärischen Mitteln ihre Macht auf der Welt ausweiten.
Auf dem Papier haben sich die G7-Staaten schon lange dazu verpflichtet, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und die weltweite Artenvielfalt zu schützen. In der Realität setzen sie weiter auf fossile Brennstoffe, roden Wälder für Autobahnen oder Monokulturen und fördern den Einsatz von Pestiziden und treiben so die Erderhitzung, das Artensterben und den Verlust fruchtbarer Böden weiter an, wegen derer schon heute vieleMillionen Menschen fliehen müssen. Genauso behauptet G7 jedes Jahr aufs Neue, sich für einen fairen Welthandel mit ökologischen und sozialen Mindeststandards einsetzen zu wollen, untergräbt aber genau das mit neoliberalen Freihandelsabkommen wie TTIP, CETA oder EU-Mercosur und Spardiktaten, die die Bedingung für die Zahlung von Hilfsgeldern sind. Auch Versprechen von globaler Gesundheit sind aus dem Mund derer, die die Freigabe der Impfpatente blockieren, blanker Hohn.
Frauen in den Widerstand
Die Politik, die G7 betreibt, ist eine aktive Umverteilung von unten nach oben. Sie bedeutet mehr Reichtum und mehr Macht für die herrschende Klasse, für die werktätige Bevölkerung bedeutet sie mehr Ausbeutung und mehr Unterdrückung. Als Frauen stehen wir der doppelten Ausbeutung durch Kapitalismus und Patriarchat gegenüber. Praktisch bedeutet das niedrigere Löhne, sexualisierte Gewalt zuhause und auf der Lohnarbeit, fehlender Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und Vergewaltigung als Kriegswaffe. Das ist keine willkürliche Aufzählung, sondern ein Ausschnitt dessen, was die Politik der G7, die sich gerne Geschlechtergerechtigkeit auf die Fahnen schreiben, für Frauen bedeutet. Wer im Gegenzug für finanzielle Mittel auf die Privatisierung von Betrieben pocht, befördert die zunehmende Ausbeutung von Arbeiter:innen und besonders von Frauen. Diejenigen, für die Menschenrechte in der Lieferkette nur eine Worthülse sind, machen sich an der sexualisierten Gewalt am Arbeitsplatz mitschuldig. G7 Staaten haben in der Vergangenheit immer wieder Angriffskriege geführt und Kriegsverbrechen begangen, z.B. im Irak, oder sie zumindest hingenommen wie heute bei den türkischen Angriffen auf Kurdistan. Schließlich verweigern die G7 Staaten selbst Frauen grundlegende körperliche Selbstbestimmung, beispielsweise sind in keinem G7 Staat Schwangerschaftsabbrüche frei und kostenlos zugänglich.
Anders als die Baerbocks, Lagardes und von der Leyens uns weismachen wollen, werden diese Zustände nicht durch mehr Frauen in Führungspositionen oder Kriegstreiberei unter dem Mäntelchen der feministischen Außenpolitik beendet. Dass die Weltbank seit einiger Zeit eine Chefin hat, hat nichts an ihrer neokolonialen Ausbeutung der Welt geändert. Die Flucht nach Europa ist auch mit Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin noch eine Hölle für Frauen. Und ihre „feministische Außenpolitik“ hindert die Ampel-Regierung nicht daran, Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, wo sie Faschisten in die Hände fallen. Einige Frauen in die herrschende Klasse zu heben macht sie eben nicht zu Vorkämpferinnen der Frauenbefreiung, sondern nur zu einem Teil der herrschenden Klasse, die von der Ausbeutung von Mensch und Natur und insbesondere auch der doppelten Ausbeutung werktätiger Frauen profitiert. Tatsächlich bekämpfen diese Frauen durch ihre Politik nach außen und ihre Repressionen nach innen sogar ganz aktiv Bewegungen zur Befreiung der Frau. Beispielsweise greift der türkische Staat auch mit deutschen Waffen und deutscher Zustimmung die demokratische Revolution und Frauenrevolution in Rojava an, während die kurdische Befreiungsbewegung in Deutschland selbst kriminalisiert wird.
Als Arbeiter:innen, Frauen, LGBTI+ und Jugendliche sagen wir deshalb G7 den Kampf an. G7 repräsentiert unsere auf Ausbeutung von Mensch und Umwelt basierende Produktionsweise und die Aufteilung der Welt unter den reichsten und mächtigsten Kapitalisten. Gegen G7 zu protestieren bedeutet daher auch, gegen dieses unterdrückerische System zu protestieren.
Deshalb fahren wir am 25. Und 26. Juni Nach Garmisch-Partenkirchen und Elmau und beteiligen uns an den dort stattfindenden Demonstrationen, um den Widerstand gegen die G7 auf die Straßen!
Der Widerstand fängt aber weder mit den Protesten gegen G7 an, noch hört er damit auf. Genau wie der Widerstand gegen G7 ein Widerstand gegen unsere Ausbeutung und Unterdrückung durchdieses Systems ist, so bilden andere fortschrittliche Kämpfe Risse im Fundament der G7: Sei es der antikoloniale Widerstand in Kurdistan, Palästina oder auf den Philippinen, der Protest gegen die Inflation oder der Kampf gegen patriarchale Gewalt. Bekämpfen wir G7 und ihre Herrschaft vom 25. bis zum 28. Juni in Elmau, aber sagen wir Kapitalismus und Patriarchat jeden Tag den Kampf an!
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