Gerechtigkeit für Zhina !

In vielen Städten Ostkurdistans (Rojhilat/Iranisch besetztes Kurdistan) und des Irans sind heftige Proteste ausgebrochen. Grund hierfür ist Zhina/Jîna Amini. Die 22-jährige Kurdin wurde am Dienstagabend, den 13. September 2022, von der iranischen Sittenpolizei in der Hauptstadt Teheran mit Schlagstöcken verprügelt, wovon sie schwere Kopfverletzungen trug.
Auch am Rest ihres Körpers fanden sich mehrere Verletzungen und Schwellungen. Aufgrund ihres sich rapide verschlechternden gesundheitlichen Zustandes wurde sie nach ihrer Verhaftung anschließend ins Krankenhaus gebracht, woraufhin die Ärzte Zhinas Hirntod feststellten und jegliche Hoffnung für eine Genesung ausschlossen.
Drei Tage später verstarb die junge Frau.

Man könnte meinen, dass Zhina hierfür sicherlich ein schweres Verbrechen begangen haben muss. Dem ist aber nicht so. Zhinas Verbrechen war es ihre Haare nicht vollständig mit einem Kopftuch zu verhüllen. In der Islamischen Republik Iran ist es für Frauen nämlich Pflicht einen Hijab, die islamisch-religiöse Bekleidung für Frauen, zu tragen. Auch ansonsten unterliegen die Frauen im Iran strengen patriarchalen Repressalien: Die iranische Verfassung
bestimmt, dass Männer und Frauen „unter Berücksichtigung islamischer Prinzipien“ gleichberechtigt sind. Das heißt konkret: Frauen haben ihrem Mann Gehorsam zu leisten und nach seiner Erlaubnis zu bitten, um Freunde und Verwandtschaft zu besuchen, einen Reisepass zu besitzen und zu verreisen, eine Fahrerlaubnis zu erhalten und berufstätig zu sein.
Zudem hat die Frau ihrem Ehemann gegenüber nach iranischem Recht nach seinem Verlangen sexuell verfügbar zu sein. Gehorcht sie nicht, kann ihr Ehemann ihr gegenüber jederzeit Gewalt anwenden und selbst mit einer Scheidung muss der Ehemann einverstanden sein. Er hingegen kann sich scheiden lassen, wann und aus welchem Grund er möchte. Zudem gilt im Iran bei außerehelichem Geschlechtsverkehr die Todesstrafe, was auch für
Vergewaltigungsopfer gilt.


Bei dieser Gesetzgebung ist es auch kein Wunder, dass das iranische Regime die Ermordung Zhinas durch die Sittenpolizei versucht zu vertuschen und behauptet, die gesunde erst 22- jährige Frau sei an Herzversagen gestorben. Fotos von der brutal zugerichteten Kurdin im Krankenhaus beweisen das Gegenteil.


Deswegen gehen im Iran viele Teile der Bevölkerung auf die Straßen, um für Zhina zu protestieren. Frauen protestieren mutig, indem sie ihre Kopftücher mitten auf den Straßen verbrennen und sich die Haare abschneiden. Besonders heftig sind diese Proteste im Nordwesten des Irans, dem iranisch besetzten Gebiet Ostkurdistan (Rojhilat). Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Kurd:innen als kolonialisierte ethnische Minderheit im Iran unterdrückt werden. Sie werden beispielsweise für das Lehren ihrer Muttersprache jahrelang inhaftiert und sind bei der Verhängung von Todesstrafen überrepräsentiert. Zudem wird Ostkurdistan als kolonialisiertes Gebiet auch wirtschaftlich durch den Iran ausgebeutet. Auch Zhina war als Kurdin von diesem antikurdischen Rassismus betroffen: ihr bürgerlicher Name lautet Mahsa, denn ihren kurdischen Namen Zhina, bei dem sie eigentlich genannt wurde, konnte sie sich offiziell nicht zulegen. Dies wird in vielen Berichterstattungen über Zhinas Ermordung außer Acht gelassen, vor allem von Persern, der ethnischen Mehrheit im Iran.

Besonders in Ostkurdistan versucht die iranische Regierung also gerade die Proteste brutal niederzuschmettern, indem sie Demonstranten, darunter auch Kindern, gezielt in den Kopf schießt, Hunderte von Menschen verletzen und Wasserwerfer verwenden.

Auch hier in Deutschland solidarisieren sich internationalistische Frauen mit den Aufständen im Iran und in Ostkurdistan und veranstalten Kundgebungen und Demonstrationen, bei denen sie kurdische und iranische Frauen nachahmen und sich ebenfalls die Haare abschneiden und Kopftücher verbrennen.

Wir Internationalistinnen sind uns nämlich der Tatsache bewusst, dass das Patriarchat global und nicht nur im Iran existiert. Selbst in Deutschland, was vielen Menschen als egalitärer Staat in Bezug auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau erscheint, sind Femizide keine Einzelfälle. Seit Anfang 2022 wurden in Deutschland bereits 76 Frauen ermordet.

Ein Beispiel hierfür ist die Ermordung der aus Afghanistan geflüchteten Frau Zohra Gul im April. Die sechsfache Mutter wurde von ihrem Ex-Ehemann auf offener Straße erstochen, nachdem sie sich nach jahrelanger häuslicher Gewalt von ihm trennte. Vor ihrer Ermordung versuchte die 31-jährige Schutz bei der Polizei zu suchen, nachdem ihr Exmann sie bereits bedroht hatte. Aber vergeblich, die Behörden halfen Zohra nicht und machten sich hiermit mitschuldig an ihrer Ermordung.

Für uns steht fest: der bürgerliche Staat unterstützt patriarchale Gewalt.

Wir fordern lückenlose Aufklärung zu den Femiziden und mehr Unterstützung für Frauen in Notsituationen. Es muss mehr Geld in Frauenhäuser investiert werden, anstatt dass 100 Milliarden in die Bundeswehr gesteckt werden, um weiterhin imperialistische Kriege zu führen, die Frauen in zahlreichen Ländern in prekäre Situationen führen.

Zudem verlangen wir mehr Berichterstattung zu den Geschehnissen im Iran und in Ostkurdistan. Es kann nicht sein, dass wir über jeden Schritt und Tritt in der Ukraine informiert werden, während wir von den Stimmen der kurdischen und iranischen Frauen so
gut wie gar nichts mitbekommen.

Die patriarchale Gewalt, die global existiert, sollte uns Frauen die Notwendigkeit des Internationalismus und der vereinten Kämpfe vor Augen führen. Leistet Widerstand von Berlin bis nach Teheran. Es lebe der Kampf gegen das Patriarchat, es lebe die Befreiung der
Frau! Jin Jiyan Azadî – Frauen Leben Freiheit

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