Der Kampf gegen Sexismus und Rassismus und die Geburtsstunde ZORAs

„Frauen klagen an. Nach den Sex-Attacken von Migranten: Sind wir noch tolerant oder schon blind?“ So prangte in rot leuchtenden Farben die Überschrift auf einer FOCUS Ausgabe Anfang Januar 2016, dahinter ein schwarz-weiß Foto einer nackten, blonden Frau, die mit schwarzen Handabdrücken übersäht war. Ein rassistischer Beitrag von Vielen, die es nach der Silvesternacht 2015/16 in Köln bis in die internationale Presse schafften. Ein mehr als notwendiger Austausch in der Gesellschaft darüber, wie alle Frauen selbstbestimmt und sorglos, ohne sexualisierte Gewalt, an öffentlichen Feierlichkeiten mit großen Menschenmassen teilhaben können, wurde verwandelt in eine rassistische Hetzkampagne gegen Migrant:innen und geflüchtete Menschen und dem Ausbau von repressiven, rassistischen Polizeikontrollen, „Sicherheitszonen“ und Videoüberwachung in vor allem migrantischen „Brennpunkten“. Alice Schwarzer ließ es sich nicht nehmen, einen ganzen Sammelband beizutragen, der in gewohnt politisch Rechter EMMA-Manier migrantische, muslimische Männer als Importeure rückschrittlicher Geschlechterbilder versteht und Linken die Schuld in die Schuhe schiebt für den Anstieg von Rassismus gegen geflüchtete Menschen… Da bleibt einer manchmal der Mund offenstehen. 

Doch die Zeit hatte auch etwas Hoffnungsvolles: Es kam frischer Wind in die vor einigen Jahren noch eher verhaltene Frauenbewegung in Deutschland rein. Schnell entstanden Initiativen wie „Syrer gegen Sexismus“ und „Muslime gegen Sexismus“, eine feministische Twitterkampagne mit dem Hashtag #Ausnahmslos ging viral, um sich – „ausnahmslos, überall“ – gegen Sexismus UND Rassismus zu stellen, in Köln eröffnete der feministische Raum „Assata im Hof“ in der Südstadt ausschließlich für Frauen, trans, inter und nichtbinäre Menschen und die feministische FrauenLesben Gruppe denk.radikal.feministisch trat auf die Kölner Bildfläche, um mit klarer antirassistischer und Antikriegs-Haltung auf die Straßen zum Protest aufzurufen. 

Und zu guter Letzt gründeten wir uns in dieser Zeit auch als ZORA!

Es gab zu diesem Moment deutschlandweit keine starken Frauenorganisierungen, welche nicht bürgerlich oder staatsnah waren. Die linke Bewegung war von den Themen der Frauenbefreiung fern und feministische Organisierungen waren sehr schwach. Die Organisierung von einer jungen Frauenorganisation war bereits längere Zeit zuvor ein Thema unter antikapitalistisch und sozialistisch aktiven Frauen, erste Versuche von Frauenorganisierung in Köln und Duisburg hatten aber keine Kontinuität. Die Pläne von den Frauen von ZORA, die Ereignisse der Silvesternacht in Köln und die bestehende Lücke im Kampf gegen Sexismus und Rassismus zugleich, führten zu schnellen Entwicklungen Anfang 2016. Wir schafften es damals, ohne lange Planungen auf die Straßen zu rufen und die Wut der Menschen in die Aktionen zu kanalisieren. Wenn auch mit anders gewählten politischen Mitteln, entschieden wir uns für einen für die Frauenbewegung in Deutschland historischen Namen: er hält das Erbe der „Roten Zora“ in Ehren, die mit ihrer Militanz in den 70er und 80er Jahren einen bisher einzigartigen Beitrag zur deutschen und europäischen Frauenwegung beitrug im Kampf gegen Gewalt an Frauen und imperialistische Ausbeutung (die verlinkte Doku „Frauen bildet Banden – eine Spurensuche zur Geschichte der Roten Zora“ ist sehr empfehlenswert!).

So nahmen die Arbeiten ihren Lauf: Der Fokus der Arbeit war internationalistisch und so wurde viel zu Fällen außerhalb Deutschlands mitgearbeitet, wie beispielsweise zu einem Fall in Guatemala, bei dem junge Frauen in einer Unterkunft sexuellen Missbrauch erlebten und nach ihrem Protest in einem Brand 2016 verunglückten. Oder die Buchvorlesung mit Mithu Sanyal zu ihrem Buch „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“, indem auch die Silvesternacht 2015/16 ihren Platz findet.

Seitdem ist viel passiert; ZORA hat sich entwickelt, ist gewachsen, hat sich ausprobiert in verschiedensten Aktions- und Veranstaltungsformaten. Was geblieben ist, ist der andauernde internationalistische Kampf gegen Sexismus und Rassismus. Denn es gilt nach wie vor: Gewalt gegen Frauen ist ein weltweites Problem und keine Frage der Herkunft! Uns ist klar: dieses System hilft uns nicht – wir müssen uns organisieren! Nur so können wir Gewalt gegen ALLE Frauen überall beenden.

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