Heraus zum 1. Mai

Der 1. Mai ist der internationale Kampftag der Arbeiter:innenklasse, der Tag an dem Arbeiter:innen weltweit, vereint gegen Unterdrückung und Ausbeutung, auf die Straße gehen. Als junge Frauen und LGBTI müssen wir uns über unsere tragende Rolle in diesen Kämpfen bewusst werden, denn der Kapitalismus ist so eng mit dem Patriarchat verwoben, dass nur ein intensiver Kampf gegen Beide die Wurzel der Unterdrückung nachhaltig herausreißen kann. Das, und nichts weniger, gilt es auch an diesem 1.Mai 2023 zu erkämpfen. 

Im letzten Jahr sind nicht nur die Lebenskosten gestiegen. Die sinkenden Löhnen und die zunehmende Privatisierung des öffentlichen Raumes haben dazu geführt, dass unzählige Menschen am Existenzminimum leben. Wer sich kein Monatsabo leisten kann, aber auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist, muss mit Bestrafungen rechnen. Armut wird in Deutschland schamlos kriminalisiert, während imperialistische Kriege auf dem Rücken eben dieser Menschen weiter befeuert werden. Dass besonders proletarische Frauen durch diese Krise betroffen sind, liegt auf der Hand. Ängste vor Armut und Verdrängung führen zu erhöhter finanzieller Abhängigkeit und setzen viele Frauen der Gefahr von körperlicher und psychischer Gewalt aus ihrem Umfeld aus. Im letzten Jahr gab es in Deutschland 117 dokumentierte Femizide, die Dunkelziffer ist um einiges höher. Um diese Gewalt zu verstehen und um sie zu bekämpfen, müssen wir zuerst erkennen, wie die Produktionsbedingungen der kapitalistischen Gesellschaft Hand in Hand mit dem Patriarchat gehen. Ein materielles Verständnis für die Unterdrückung der Frau ist also unerlässlich. 

Frauen müssen genauso wie Männer als Lohnarbeiterinnen Mehrwert erwirtschaften, sind aber gleichzeitig an den Privatdienst zuhause, an die Hausarbeit in der Familie, gebunden. Um diese unbezahlte Arbeitskraft weiterhin zu kontrollieren, schafft der Kapitalismus patriarchale Strukturen, die die doppelte Ausbeutung der Frau rechtfertigen sollen. Dazu gehören Institutionen wie die monogame und heterosexuelle Ehe, die den Rahmen liefern, um Frauen nach wie vor als Privateigentum ihrer Männer und Familien auszubeuten und sie damit einem ständigen Nährboden von Hass und Gewalt auszusetzen. Diese patriarchalen Strukturen greifen durch Schönheitsideale und Rollenbilder stark in unseren Alltag ein und verleiten auch proletarische Männer dazu zu denken, sie könnten über den Körper und den Geist ihrer Frauen, Töchtern, Mütter und Schwestern bestimmen. Wenn also Frauen aus Eifersucht durch die Hand ihres Ehemanns oder Bruders ermordet werden, dann tötet sie auch immer ein System, das ohne diese patriarchale Gewalt als Kontrollorgan nicht weiter existieren könnte. 

Doch die Gefahr, die von dem organisierten Zusammenschluss der Frauen gegen den Kapitalismus ausgeht, wird immer offensichtlicher. Feministische Außenpolitik, Empowerment, Girlbossing. Dahinter steckt die Taktik eines Systems, Frauen isoliert voneinander zu “empowern” und ihnen damit gerade genug Zugeständnisse zu machen, damit sie sich nicht gegen ihre Unterdrückung und Ausbeutung, gegen die Herrschaftsverhältnisse, erheben. Nicht nur, weil ohne die unbezahlte oder unterbezahlte Arbeitskraft von Frauen das globale kapitalistische System implodieren würde, sondern weil sie die Grundlage für die komplette Abschaffung des Privateigentums ist. Zwar kann nur die grundsätzliche Veränderung der materiellen Umstände, der Klassenkampf selbst, die patriarchalen Verhältnisse nachhaltig aufbrechen, aber solange Frauen nicht befreit sind, solange das Patriarchat weiter besteht, werden es auch die Arbeiter:innen und die Gesellschaft niemals wirklich sein. Die Befreiung der Frau ist eine der stärksten Waffen im Klassenkampf!

Besonders in Krisenzeiten stehen immer mehr Frauen auf und realisieren, dass dieses System ihnen keine Alternative mehr bietet. Doch als Arbeiter:innen des 21. Jahrhunderts müssen wir auch verstehen, dass die modernen Produktionsprozesse auf Jahrhunderte der kolonialen Ausbeutung und imperialistischer Gewalt basieren. Das bedeutet, dass wir heute in einer erweiterten, globalisierten Klassengesellschaft leben, die besonders Frauen und Arbeiter:innen in früheren kolonialen Gebieten für ihre Arbeitskraft ausbeutet. Die Klamotten, die wir tragen, die Ware, die wir täglich konsumieren, werden von Arbeiter:innen am anderen Ende der Welt unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen hergestellt. Dazu kommen Kriege zwischen imperialistischen Staaten, die immer wieder aufs Neue ihre Wirtschaftsmonopole, ihre Profite in diesen Regionen erweitern wollen. So werden Arbeiter:innen durch einen permanenten Gewalt-oder Besatzungszustand verdrängt und müssen als Migrant:innen entweder unter prekären Bedingungen in den imperialistischen Zentren arbeiten oder auf ihrem Weg dorthin einen grausamen Tod sterben. Wenn also behauptet wird, es gäbe keine Klassengesellschaft mehr, ist das nicht nur falsch, es ist die bewusste Selbstlüge des Kapitalismus, der versucht, den perversen Charakter der imperialistischen Ausbeutung zu vertuschen. 

Gleichzeitig nehmen die Spannungen zwischen den imperialistischen Staaten immer weiter zu. Klimawandel und die damit einhergehende Ressourcenknappheit sind das Resultat der letzten Jahrhunderte, in denen der Kapitalismus nicht nur den Menschen, sondern auch die Natur skrupellos ausgebeutet hat. All das steigert die reale Bedrohung eines Weltkriegs zu unseren Lebzeiten. In diesem Krieg, wie in allen vorherigen, werden Arbeiter:innen für die herrschende Klasse kämpfen und sterben müssen, werden Städte mit Zivilist:innen bombardiert, und Vergewaltigungen als Kriegswaffe eingesetzt werden. Es ist also wichtiger denn je, dass wir uns als junge Frauen und LGBTI den internationalen Kämpfen anschließen, dass wir uns am internationalen Tag der Arbeiter:innen gegen Unterdrückung und Ausbeutung, gegen Kriege der herrschenden Klasse auflehnen. Wir werden nicht in ihren Kriegen kämpfen, wir werden nicht für ihre Profite sterben!

Doch während wir unser eigenes Klassenbewusstsein stärken, präsentiert sich auch den Kapitalist:innen zunehmend die “Notwendigkeit” aktiven und brutalen Klassenkampf gegen Arbeiter:innen zu führen. Sie können menschenverachtende Maßnahmen vor ihrem eigenen Gewissen und vor ihrer Klasse leichter rechtfertigen. In diesem Zuge stellen sie lebensnotwendige soziale Hilfen wie Kindergelder, bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr, gesicherte Renten, als vermeintliche Luxusgüter dar und kriminalisieren Anti-Kriegs und Krisen Proteste. Der Kapitalismus wehrt sich und auch dieses Jahr müssen wir mit immer stärkeren Repressionen rechnen. 

Trotzdem wollen wir an diesem 1. Mai 2023 unsere Wut auf die Straße tragen. Als junge Frauen und LGBTI wissen wir, dass nur eine vereinter Klassen – und Frauenkampf die Menschheit nachhaltig befreien kann. Der Acht-Stunden Tag, die Abschaffung der Kinderarbeit und der Sklaverei sind nicht vom Himmel gefallen, sie wurden von Arbeiter:innen auf der Straße erkämpft. Auch wir wollen uns mit unseren Klassengeschwistern weltweit solidarisieren und als junge Frauen und LGBTI gemeinsam gegen den Kapitalismus, gegen den Imperialismus und gegen das Patriarchat an diesem 1. Mai die Straßen unserer Städte füllen. Für eine Zukunft ohne Unterdrückung, ohne Ausbeutung und ohne Fremdbestimmung jeder Art.

Raus zum 1. Mai! 

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