Caroll VS. TRUMP

Der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump, wurde wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung der Journalistin E. Jean Carroll zu fünf Millionen Dollar Schmerzensgeld und Schadenersatz verurteilt. Während Carroll von einem Sieg „für alle Frauen, die gelitten haben, weil ihnen nicht geglaubt worden ist“ spricht, sagen wir: ein wirklicher Sieg für alle Frauen ist nur mit einem Kampf gegen den kapitalistischen und patriarchalen Staat möglich, der die sexistische Gewalt legitimiert! 

Die aktuellen Fälle sexistischer Gewalt und der Umgang seitens der Justiz zeigen uns ganz klar: die staatliche Justiz ist nicht auf der Seite der Frauen! Obwohl die Gewalttaten gegen Frauen, Mädchen und Kinder statistisch in den letzten Jahren gestiegen sind, kam es nicht zu mehr Meldungen dieser Fälle, nicht zu mehr Verurteilungen der Täter. Statistiken zeigen auf, dass nur ein Bruchteil der Opfer von sexistischer Gewalt ihre Fälle veröffentlichen und Anzeige erstatten. Aus Angst vor den Konsequenzen, aus Scham und Schuldgefühlen oder emotionalen und ökonomischen Abhängigkeiten sind Opfer von patriarchaler Gewalt oft gehemmt ihre Täter anzuzeigen oder diese Vorfälle öffentlich zu machen. Denn auch wenn es einzelne Männer sind, die die sexistische Gewalt ausüben, es steht ein ganzes System von Institutionen hinter ihnen, die diese Gewalt legitimieren und normalisieren. 

So wie der Fall von E. Jean Carroll. 2019 veröffentlichte die Journalistin E. Jean Carroll zum ersten mal in einem Interview der US Nachrichtenagentur CNN, welche Gewalt Donald Trump ihr angetan hat. Sie schilderte, wie er sie 1996 in einer Umkleidekabine eines Modehauses in New York vergewaltigte. So wie in den meisten Fällen, wurde der Betroffenen keinen Glauben geschenkt, sie wurde öffentlich diffamiert und Trump wies ihre Anschuldigungen ab. Als Carroll schließlich eine Anzeige wegen Verleumdung stellte, wies er erneut die Anschuldigung mit der Begründung ab, sei sein nicht sein Typ und außerdem kenne er sie gar nicht. Vor dem Gericht sollte diese Begründung, die sich obendrein in eine Kontinuität sexistischer und frauenverachtender Aussagen einreiht, als Beweis für die Unschuld Donald Trumps gelten. 

In einem Verfahren vor dem bürgerlichen Gericht, indem nun Aussage gegen Aussage steht, ist es die Aufgabe der Frau die Gewalttaten an ihr zu beweisen. Gibt es keine ärztlichen Untersuchungen, keine psychologischen Gutachten, die eindeutige Anzeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung nachweisen, so kommt es nicht selten zum Freispruch des Täters. 2017 lag in Deutschland die Verurteilungsrate in Hinblick auf strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung und schwerer sexueller Nötigung bei nur 8,4 %. Außerdem sind solche Verfahren meist sehr langwierig und strecken sich über mehrer Jahre hinweg. Für Betroffene bedeutet das weitere schmerzhafte Belastungen und Retraumatisierung durch sich wiederholende Befragungen, medizinische und psychiatrische Gutachten und juristische Prozesse oder Gewalt, die der Täter weiterhin ausübt, um sie klein zu halten. 

So durchlief auch E. Jean Carroll einen langwierigen Prozess. Ende letzten Jahres erhob Carroll eine Zivilklage gegen Trump, sie sagte während ihres Falles mehr als zwei volle Verhandlungstage lang aus und erzählte ihre Geschichte, sie setzte sich öffentlichen Diffamierungen und Verleumdungen aus und verlor ihren Job als Journalistin. Ermutigt durch das Öffentlich machen des Falls, sagten auch weitere Betroffene aus, die ebenfalls sexistische Gewalt durch den ehemaligen US-Präsidenten erfahren haben. Trump schaffte es immer wieder sich als „Opfer“ der Situation darzustellen, indem er das Verfahren als Verschwörung gegen ihn bezeichnete. 

Vor wenigen Tagen kam es nun zu einem Urteil des Geschworenengerichts, bestehend aus sechs Männern und drei Frauen, dass Trump wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung gegen Carroll schuldig sprach und ihn zu fünf Millionen Dollar verurteilte. Drei Millionen aufgrund von Verleumdung und Zwei Millionen wegen sexuellen Missbrauchs. Der Vorwurf der Vergewaltigung wurde abgewiesen.

Dass ein Mann, der mehrfach wegen sexistischer Gewalt angeklagt ist und gegen den zahlreiche Ermittlungen aufgrund der Verwicklung bei der Stürmung des Kapitols und Wahlbetrug laufen, trotzdem nächstes Jahr erneut als Präsident kandidieren kann, zeigt das skrupellose Gesicht dieses Systems. Es zeigt, wie die bürgerlichen Institutionen, die Justiz, die Polizei und das Militär dazu da sind, die Herrschaftsverhältnisse aufrecht zu halten. Sie legitimieren das auf Ausbeutung beruhende, kapitalistische und patriarchale System und sehen das Recht immer auf der Seite der Machthaber. 

Fünf Millionen Dollar Schadensersatz ist für uns kein Sieg für die Befreiung der Frau. 

Fünf Millionen Doller Schadensersatz ist lediglich eine Befriedigungspolitik, die jeglichen Aufruf zum organisierten Kampf von Frauen ersticken will. Fünf Millionen Dollar Schadensersatz schenkt keiner Schwester ein befreites Leben oder löscht ihrer traumatischen Erinnerungen.

Wollen wir uns als Frauen befreien, müssen wir uns auch gegen den Kapitalismus organisieren und die Unterdrückung an der Wurzel packen! 

Wollen wir uns als Frauen befreien, brauchen wir wirkliche Frauengerechtigkeit! 

Ein Beispiel solcher antikapitalistischen Perspektiven auf die Bekämpfung von sexistischer Gewalt gegen Frauen, Kinder und LGBTI+ Personen findet sich bei marxistisch-leninistischen Kommunist:innen in Türkei und Kurdistan. Sie entwarfen das Konzept der Frauengerechtigkeit, in welchem der Täter in der Beweispflicht steht, seine Unschuld beweisen muss und es nicht die betroffene Person ist, die sich weiterer Diskriminierung und Gewalt stellen muss. 

Dabei geht es nicht nur darum einen ideologischen Kampf gegen patriarchales Verhalten zu führen, das heißt jegliche sexistische Gewalt, jedes sexistische Verhalten zu eliminieren und anzuklagen, sondern auch die materiellen Bedingungen, das Privateigentum und die unbezahlte Reproduktionsarbeit zu liquidieren.

Auch wir geben uns nicht mit Versöhnung und Entschädigung zufrieden! Wir wollen wirkliche Gerechtigkeit und diese gibt es für uns als arbeitende Frauen, Studierende und Schülerinnen nicht im Kapitalismus! 

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