Klassenkampf

ZORA ist eine antikapitalistische Organisation, und das nicht ohne Grund. Wir organisieren uns als Frauen gemeinsam gegen das Patriarchat, also die männliche Herrschaft, von der wir unterdrückt werden. Aber wir kämpfen auch gegen den Kapitalismus. Im Kapitalismus gibt es zwei Klassen: die Arbeiter:innenklasse, die ausgebeutet wird, und die Bourgeoisie, die ausbeutet. Schon vor dem Kapitalismus gab es Klassengesellschaften, in denen die eine Klasse die andere unterdrückt hat. Und seit jeher ist die Geschichte geprägt durch Klassenkämpfe. Die unterdrückte Klasse kämpft gegen die an, von der sie ausgebeutet wird. Die Widersprüche zwischen den Klassen sind die entscheidende Dynamik, die dazu führt, dass sich eine Gesellschaft weiterentwickelt. Und so ist auch der Kapitalismus durch Klassenkämpfe in der vorherigen Gesellschaftsform, dem Feudalismus, entstanden. So ist der Kapitalismus historisch gesehen eine Weiterentwicklung, aber mit Sicherheit nicht das Ende der Geschichte. Die Widersprüche des Kapitalismus spitzen sich heute immer weiter zu. Sie spitzen sich so weit zu, dass das System immer instabiler wird. Und genau das verbessert die materiellen Bedingungen dafür, dieses Ausbeutungssystem zu überwinden. Aber die Geschichte zeigt, dass so ein Umbruch nicht aus heiterem Himmel kommen kann. Wir, die Arbeiter:innenklasse, müssen aktiv für eine Revolution kämpfen. Und das bedeutet, Klassenkampf zu führen.

Den Klassenkampf zu führen ist entscheidend für den Kampf gegen die männliche Herrschaft. Die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau existiert nicht einfach so, sondern sie ist durch die Entstehung des Privateigentums entstanden, sodass Frauen in allen Klassengesellschaften unterdrückt wurden. Das Patriarchat ist seit der Entstehung der Klassengesellschaften eng mit ihnen verbunden. So auch heute im Kapitalismus. Das eine geht nicht ohne das andere. Im Kapitalismus hat diese Verbindung eine besondere Form angenommen. Als werktätige Frauen werden wir doppelt ausgebeutet. Auf der einen Seite sollen wir lohnarbeiten, an den Arbeitsplätzen unsere Arbeit für die Profite anderer ausbeuten lassen. Auf der anderen Seite sollen wir zuhause kochen, putzen, uns um Kinder und einen Mann kümmern, damit der – und wir und in Zukunft auch unsere Kinder – am nächsten Tag wieder auf der Arbeit stehen und sich ausbeuten lassen können. Für diese ganze Hausarbeit sehen wir keinen Cent; nicht nur das, sie wird nicht mal als Arbeit gesehen, geschweige denn anerkannt. Statistiken aus dem Jahr 2019 zeigen, dass Frauen durchschnittlich 52% mehr unbezahlte Fürsorgearbeit leisten als Männer. Wenn man die unbezahlte Arbeit von Frauen weltweit mit dem Mindestlohn bezahlen würde, käme man auf elf Billionen US-Dollar im Jahr: das ist 24mal mehr als der Umsatz von Apple, Google und Facebook im Jahr 2018 zusammen. Wir sehen also, hinter der unbezahlten Arbeit von Frauen steckt extrem viel gespartes Geld und gewonnener Profit.

Wir erreichen keine Befreiung, wenn in den Parlamenten und in den Chefetagen auf einmal Frauen sitzen. Quoten und „Repräsentation“ ändern nichts an dieser doppelten Ausbeutung, zwischen der wir jeden Tag zerrissen werden. Wenn eine Frau CEO eines Großkonzerns wird und dann andere Frauen, meistens Migrantinnen, für einen schlechten Lohn und oft in ungeregelten Bedingungen, in ihrem Haus arbeiten lässt, dann ist das kein Beispiel von Emanzipation. Solche Frauen ändern nichts an der täglichen Ausbeutung von weiblichen und trans Körpern in der Sexindustrie, sie ändern nichts an der Realität, dass der weibliche Körper 24h am Tag in Werbungen, in Medien, durch Menschenhandel und auf jede erdenkliche Art verkauft oder mindestens zum Verkaufsobjekt gemacht wird – weil sie Profit daraus ziehen. In einem System, welches auf ständig wachsendem Profit basiert, kann es niemals Gleichheit, Gerechtigkeit oder sogar Freiheit geben. Deshalb muss unser Kampf immer ein antikapitalistischer sein.

Aber wie kämpfen wir denn gegen den Kapitalismus? Zuallererst: nicht allein. Denn die Ausbeutung durch den Kapitalismus trifft die gesamte Arbeiter:innenklasse. Und deswegen müssen wir auch gemeinsam als Klasse vereint gegen diese Ausbeutung ankämpfen. Es steht eine gesamte Klasse den Unterdrückern gegenüber: die Arbeiter:innenklasse. Die vielen, die kein Kapital, kein riesiges Bankkonto in ihrer Tasche haben, sondern die arbeiten müssen, um zu leben – gegen die wenigen, die von eben dieser Arbeit anderer leben und sich die Taschen damit vollmachen. Um den Kapitalismus zu stürzen und für eine befreite Gesellschaft zu kämpfen, müssen wir deshalb gemeinsam als Klasse kämpfen. Wenn wir gegen die schlechten Bedingungen in der Lohnarbeit kämpfen wollen, dann tun wir das mit all unseren Kollegen zusammen. Jede solche kleinere oder größere Auseinandersetzung ist Teil des Klassenkampfes: wir kämpfen gemeinsam gegen die herrschende Klasse. Unser Ziel ist es, dieses ausbeuterische kapitalistische System zu stürzen.

Das Patriarchat ist aber nicht einfach so mit der kapitalistischen Ausbeutung erledigt. Für uns ist es eben nicht nur der Chef, der uns unterdrückt, uns Gewalt antut: es ist auch der Vater, der Bruder, der Freund. Die Enteignung der Großunternehmen bedeutet nicht gleich das Ende der Femizide (Frauenmorde) oder der homo- uns transfeindlichen Morde und Gewalttaten. Gleichzeitig werden wir aber auch ohne diese Enteignung der doppelten Ausbeutung der Frau kein Ende setzen können. Das Patriarchat sitzt gesellschaftlich noch viel tiefer und bedarf eines noch weiter gehenden Kampfes. Deshalb organisieren wir uns eben nicht nur antikapitalistisch, sondern genauso antipatriarchal: wir kämpfen für die Frauenrevolution.

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