Organisation

In unseren anderen Grundsatztexten machen wir deutlich, wofür wir als junge Frauenorganisation kämpfen: für internationale Solidarität, für ein neues Gesellschaftssystem jenseits des Kapitalismus, für unsere Selbstbestimmung und ein Ende der Gewalt gegen uns und für das freie Ausleben der eigenen Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung!

Wie können wir uns für diese Ziele organisieren? Als ZORA wählen wir dabei den Weg, uns eigenständig als junge Frauen zusammen zu schließen. Wir treffen eigenständige Entscheidungen, arbeiten Ideen aus und führen Aktivitäten durch, die Männer ausschließen. Dass das notwendig ist, zeigt uns einerseits die Geschichte: In Befreiungskämpfen, in denen es diese unabhängige Entscheidungsmacht von Frauen nicht gab, waren bei Rückschritten Frauenrechte oftmals einer der ersten Bereiche, die zurückgenommen wurden. Und andererseits müssen wir auch feststellen, dass patriarchale Gewalt in ihren verschiedensten Formen leider nicht allein dadurch aus der gegenwärtigen linken Bewegung verschwindet, indem es gedanklich als falsch abgelehnt wird, „weil das halt zum Links-Sein dazugehört“. Uns eigenständig zu organisieren ist also auch eine Form der Selbstverteidigung und Selbstbestärkung. Ganz wichtig ist außerdem, dass sich Frauen bewusstwerden: „Das, was ich erlebe, ist nichts, womit ich alleine bin. Und die Lösungen darauf brauche ich ebenso nicht allein finden und umsetzen.“ In der Organisierung mit anderen jungen Frauen lernen wir: Wir als Geschlecht haben die Kraft, zusammen zu gewährleisten, dass die Befreiung von Frauen gesichert wird und in unseren Händen liegt! Wir treten heraus aus dem Stillstand, wir brechen das Schweigen und handeln aktiv!

Was diese Organisierungsform allerdings nicht bedeutet ist, dass wir komplett isoliert von Männern oder gemischtgeschlechtlichen Organisationen Politik machen. Zum einen organisieren wir uns an erster Stelle als Arbeiterinnen, Schülerinnen, Auszubildende, Arbeitslose – nicht als bürgerliche, reiche Frauen. Das heißt, wir sind Teil einer ausgebeuteten Klasse. Diese beschränkt sich nicht auf ein Geschlecht, sondern sammelt die gesamte Vielfalt an Geschlechtern in sich. Diese Geschlechterunterschiede sollen uns nicht trennen in unserem gemeinsamen Klassenbewusstsein! Männer sind keine „Feinde“, sondern Verbündete im Klassenkampf. Sie können – genauso wie alle Menschen jeglichen Geschlechts – gesellschaftlich gelernte patriarchale Verhaltensweisen wieder verlernen.

Zum anderen arbeiten wir nicht nur zu „klassischen“ Frauenthemen. Das Patriarchat betrifft alle Kämpfe und Bereiche der Gesellschaft, überall muss die Perspektive der Geschlechterbefreiung angegangen werden. So schließen wir uns als werktätige Frauen zusammen und bündeln unsere Kräfte – um zu zeigen, dass der Kampf gegen das Patriarchat im Interesse aller Geschlechter, im Interesse der gesamten Arbeiter:innenklasse ist! Denn Geschlechterrollen sind nichts „Natürliches“, Unveränderbares oder von der „Biologie bestimmt“. Sie sind etwas Gesellschaftliches; ein Ausdruck von dem politischen und wirtschaftlichen System, in dem wir leben. Dieses Geschlechtsbewusstsein müssen so viele Arbeiter:innen wie möglich entwickeln. Das umfasst ganz schön viel. Es hat einerseits eine Menge mit Persönlichkeitsentwicklung zu tun: zum Beispiel zu lernen, dass es zum „Mann sein“ nicht dazu gehört, besonders emotionslos, dominant und gewaltvoll zu sein und das „Frau sein“ nicht heißt, in einer attraktiven, passiven, fürsorglichen und fügsamen Rolle zu stecken. Und dann ist es natürlich mit einem politischen Verständnis verbunden – also sich klarzumachen, welche staatlichen, kirchlichen oder wirtschaftlichen Institutionen dazu beitragen, Geschlechterrollen aufrecht zu erhalten – und diese zu bekämpfen.

Eine wichtige Grundlage für unsere gemeinsame politische Organisierung ist die Frauensolidarität. Unter Frauen solidarisch miteinander zu sein ist ein Lernprozess. Frauenhass kann sich auch gegen sich selbst und weibliche Personen im Umfeld richten. Konkurrenz darüber, wer am begehrenswertesten, am schönsten, am weiblichsten ist steht auf der Tagesordnung vieler junger Mädchen und Frauen. Fremdbestimmte, gewaltvolle Entscheidungen und Urteile über die Köpfe von Töchtern, Schwestern, Enkelinnen oder Arbeiterinnen hinweg werden auch von Müttern, Chefinnen, Freundinnen, von Frauen selbst getroffen – ohne zu bemerken, dass sie sich damit selbst ‚ins Bein schießen‘. Das gilt es aufzubrechen und sich gegenseitig bewusst zu machen: Lassen wir uns nicht allein, schieben wir uns nicht die Schuld zu für Gewalt, die uns angetan wird, unterstützen und verteidigen wir uns – das ist Frauensolidarität!

Doch heißt das, uns mit Samthandschuhen in rosarote Zuckerwatte zu packen? Nein, Solidarität umfasst auch, uns selbst gegenüber selbstkritisch und anderen, besonders Genoss:innen gegenüber, kritisch zu sein. Besonders in Momenten, in denen wir Verhalten und Gedanken an den Tag legen, die schädlich sind. Diese Entwicklungen sind Teil politischer Arbeit in Kollektiven – denn im Gegensatz zu dem, was der Kapitalismus uns erzählt, verändern Menschen ihre Persönlichkeit nicht allein aus sich selbst heraus, sondern immer in Verbindung mit der Gesellschaft und sozialen Beziehungen. Und gerade Frauengenossinnenschaften machen uns zu mutigen, voranschreitenden Kämpferinnen!

Als ZORA müssen wir das Rad der Frauenbefreiung nicht neu erfinden. Wir reihen uns ein in eine lange Tradition erfolgreicher Widerstände, lehrreicher Niederlagen und aufopferungsvoller Revolutionär:innen. Wenn wir sagen, wir wollen den Kapitalismus überwinden, ist es nur logisch, sich auch mit Perspektiven zu beschäftigen, in denen Hoffnungen und Träume einer schöneren Welt für alle konkret gemacht werden. In denen sich genaue Ziele und Schritte überlegt werden, die es für die Geschlechterbefreiung braucht. Manche Strömungen versuchen die Stellung von Frauen und LGBTI+ innerhalb des Kapitalismus zu verbessern, und somit Stück für Stück das Patriarchat abzuschaffen. Auch wenn wichtige Erfolge, wie zum Beispiel das Wahlrecht für Frauen, so errungen werden können, geraten diese Strategien irgendwann an ihre Grenzen. Eine revolutionäre Perspektive sieht, dass sich die Frauen nicht im herrschenden System befreien können. Im Angesicht drohender Gefahren, wie der Zuspitzung katastrophaler Lebens- und Arbeitsbedingungen im Kapitalismus, der Klimakrise oder faschistischen Kräften, soll Unterdrückung auf dem kürzesten Weg aufgelöst werden – indem die Grundlage allen Übels, der Kapitalismus mit all seinen Einrichtungen, mit Hilfe des Klassenkampfes der Arbeiter:innen durch ein neues System ersetzt wird. Dieser Weg muss von Frauen organisiert und aktiv mitgestaltet werden – durch eigene Strukturen, die ihre Macht (im positiven Sinne) legitimieren und stützen.

ZORA orientiert sich an diesen revolutionären Perspektiven. Eine davon ist zum Beispiel die der so genannten „Frauenrevolution“ von Kommunist:innen aus der Türkei und Kurdistan. Ein praktisches Beispiel, an dem diese Theorie gerade erprobt wird, ist Rojava – ein von vor allem dem unterdrückten Volk der Kurd:innen erkämpftes autonomes Gebiet in Westkurdistan/Nord-Ost-Syrien. Die Besonderheit an dieser Revolution ist, dass sie klar die Perspektive von Frauen mit einbezieht. Frauen kämpfen in ihren eigenen Militäreinheiten, bilden sich in eigenen Frauenbildungsstätten, leben und arbeiten selbstständig in eigenen Häusern, bis hin zu Dörfern zusammen und sind von der kleinsten Siedlung bis hin zu regionalen politischen Entscheidungsgremien gleichberechtigt vertreten durch Doppelspitzen und eigene Frauenräte.

Diese Theorie zeigt uns: Es müssen sich die Eigentums- und Produktionsverhältnisse ändern, um die Geschlechterrollen in der Gesellschaft zu beenden. Und ohne die aktive und organisierte Mitwirkung von Frauen wird das nicht möglich sein!

Von Deutschland bis nach Rojava, über Russland bis Afghanistan, hinzu Chile bis nach Tamil Eelam – diese Frauenrevolution ist international ein Beispiel dafür, wie die Welt ins Wanken geraten und in neue Bahnen gelenkt werden kann, wenn Frauen selbstbestimmt die Zügel über ihr Leben in den Händen halten! Und so organisieren wir uns als ZORA mutig und vereint im Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat für die Frauenrevolution!

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